Patientenbesucherdienst

Gisela Meindl (2003)

Sobald es meine Zeit erlaubt, fahre ich ins Krankenhaus zum Patientenbesuchsdienst. Seit ca. ½ Jahr einmal pro Woche. Wenn ich dann vor der Zimmertür eines mir unbekannten Menschen stehe und ich nicht weiß, was mich erwartet, das ist jedes mal ein spannender Moment. Nach ein paar Minuten gegenseitigen Kennenlernens entwickelt sich meist ein unterhaltsames Gespräch, manchmal nur zehn Minuten oder auch bis zu einer Stunde und länger. Die meisten Patienten sind froh, wenn sie sich ein wenig unterhalten können. Die einen erzählen mir aus ihrer Kindheit und Jugend in Schlesien und wie sie als Flüchtlinge bei uns wieder eine neue Heimat fanden. Andere erzählen aus ihrem Leben und wie gerne sie wieder nach Hause möchten, um mit 86 Jahren ihren Haushalt noch zu erledigen. Einige erzählen mir von ihrer Krankheit und wie lange sie schon im Krankenhaus sind und wann sie endlich wieder nach Hause dürfen!

Oft sind es auch Ängste vor der Zukunft. „Was wird aus mir, wenn ich nach Hause komme?“, erzählen mir viele der Patienten. Dann versuche ich sie irgendwie aufzufangen und mit ihnen nach einer Lösung zu suchen.

Manchmal begegne ich auch Menschen, die sich gerne mal ausweinen wollen, entweder aus Trauer um einen verstorbenen Angehörigen oder auch um sich selbst die Seele zu erleichtern. Dann ist man einfach da und hält ihre Hand.

Wenn ich dann am Ende eines Besuches die Patienten frage, ob ich das nächste Mal wieder bei ihnen vorbei schauen darf, bekomme ich gesagt: „Kommen Sie wieder, es war sehr schön.“

Das ist für mich dann der schönste Lohn!